Mennoniten um 14 Millionen Euro geprellt
Aussiedler versprach Grundstücke in Paraguay
VON HUBERTUS GÄRTNER
Detmold. Mehr als 1.000 strenggläubige Mennoniten, die als Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland gekommen waren, sind von einem Kaufmann in Lippe mit falschen Versprechungen über Vermögensgeschäfte in Südamerika um ihr erspartes Geld gebracht worden. Die Bielefelder Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität hat Anklage wegen gewerbsmäßigen Betrugs in mehr als 1.000 Fällen erhoben. Der von der Behörde errechnete Schaden beträgt etwa 14 Millionen Euro.
Der mutmaßliche Täter Nikolai N. (50) wurde im November 2011 festgenommen und sitzt in Untersuchungshaft. N. stammt aus Kasachstan und war 1990 als Aussiedler nach Lemgo gekommen. Dort wurde der Russlanddeutsche, der eine kaufmännische Lehre ohne Abschluss gemacht hat, offenbar auf mehreren Geschäftsfeldern tätig. Er gab die russischsprachige Zeitschrift "Semljaki" heraus und arbeitete auf verschiedenen Feldern als selbstständiger Makler.
Weil es in Paraguay seit vielen Jahrzehnten eine große Anzahl deutschsprachiger Mennoniten gibt, spielen etliche Russlanddeutsche auch heute noch mit dem Gedanken, eines Tages dorthin auszuwandern. Diese Träume soll N. auf perfide Art über Jahre hinweg ausgenutzt haben. Er bot Grundstücke in einer "Kolonie" im Osten des Landes an. Nach dem Kauf sollten die Immobilien zunächst verpachtet werden. Daraus lasse sich eine Rendite von 12,5 Prozent pro Jahr erzielen, versprach N. in seinen Prospekten.
Allein in der Zeit von Anfang 2007 bis Mitte 2011 sollen mehr als 1.000 Anleger auf die Annoncen hereingefallen sein. Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hatte N., dessen Bruder in Paraguay über 25.000 Hektar Land verfügte, allerdings "zu keinem Zeitpunkt die Absicht, die Käufer ins Grundbuch eintragen zu lassen". Die Anleger hätten "wertlose spanische Urkunden erhalten", sagt der Bielefelder Oberstaatsanwalt Heinrich Rempe.
Damit der Schwindel nicht sofort aufflog, hätten die Anleger zu Anfang Geld erhalten – allerdings keine Pachtzahlungen aus realer Landwirtschaft, sondern aus den Neuabschlüssen, die der Angeschuldigte in Deutschland gemacht hatte. N. hatte offenbar eine Art Schneeballsystem aufgezogen. Nun ist seine Firma insolvent. Niemand wisse, wo die Millionen geblieben seien, so Rempe. Eventuell sei Vermögen im Ausland versteckt worden.